Meinrad Schütter, geboren in Chur (CH), wurde geprägt von der deutschen, rätoromanischen und italienischen Kultur seines Heimatkantons Graubünden. Er entstammte einem musikliebenden Elternhaus. Die Mutter sang und verfügte über ein ansehnliches Liedrepertoire, wozu bereits Othmar Schoeck gehörte, dessen Musik erster grosser musikalischer Eindruck des Kindes wurde. Einflussreiche Klangerlebnisse in jungen Jahren waren insbesondere die expressive Musik Arthur Honeggers und Igor Strawinskys.
Neben Klavier- und Orgelunterricht erhielt Schütter bereits als Schüler Theoriestunden bei Antoine Cherbuliez. Nach dem Musikstudium am Konservatorium Zürich folgten Reisen im In- und Ausland als konzertierender Begleiter, ein kleines Romstipendium im Jahre 1939 sowie weiterführende Studien während des Krieges als Fernunterricht bei Willy Burkard und von 1950 bis 1954 bei Paul Hindemith an der Universität Zürich. Eine vieljährige Tätigkeit am Opernhaus Zürich als Ballettkorrepetitor und Beleuchtungsdirigent wurde Brotberuf neben der kompositorischen Arbeit. Von 1976 an lebte der Komponist freischaffend in Küsnacht bei Zürich.
Meinrad Schütter war weitgehend Autodidakt. Seine Musik ist gekennzeichnet durch Transparenz und konzentrierte Dichte; Anliegen ist die Klangfarbe, das Aushören eines Akkords. Noch unter dem Einfluss von Expressionismus und Neuer Sachlichkeit der Dreissigerjahre entwickelte Schütter früh den persönlichen Stil einer fragmentarischen Kompositionsweise in sich geschlossener kurzer Abläufe unter Einbezug von Zitat und Collage. Prägnante Rhythmik, Expressivität, ein tänzerischer Impetus sowie die Neigung des Komponisten zu Humor und Ironie führen zu besonderer Eigenwilligkeit der Tonsprache. Schütter arbeitet freitonal, dabei sich immer wieder beziehend auf Reihen verschiedenster Herkunft und Anwendungsform.
Das Gesamtschaffen umfasst ein umfangreiches Instrumental- und Vokalwerk: Chöre, zwei Messen, die Oper "Medea", Ballettmusiken, Orchesterkompositionen (darunter eine Sinfonie), instrumental begleitete Gesänge, 60 Klavierlieder, Klavier- und Kammermusik, sowie ein Klavierkonzert. In den Liedkompositionen lässt sich eine breite stilistische Entwicklung erkennen. Sie stehen in der Tradition Hindemiths und Schoecks, aber auch der Neuen Wiener Schule. Im vokalen kirchenmusikalischen Bereich erstreckt sich die Spannweite von gregorianisch liturgischer Melodik bis zu freitonaler Polyphonie.
In jungen Jahren als extremer Moderner geltend (A. Cherbuliez, 1938), ging Meinrad Schütter jedoch nicht den Weg des Revolutionärs, sondern vollzog eine Entwicklung in langsamen Prozessen. In seinem Spätwerk erreicht der Komponist eine neue Leichtigkeit und Intensität von Farbe, Ausdruck und Bewegung.
Meinrad Schütter starb in Küsnacht/Zürich.
Ute Stoecklin
Werkliste
Vier kleine Stücke für Klavier (1933/1960)
I. Hommage à Paul Hindemith
II. Hommage à Paul Hindemith
III. Kinderreigen im Hinterhof
IV. Regentag im Schrebergarten
6 Variationen über ein portugiesisches Weihnachtslied "Adeste fideles" (1939)
Besetzung: für Klavier
Dauer: 10' 00" Manuskript
Sonett "Die Liebende schreibt" (1939)
Besetzung: für Sopran und Kammerorchester (1 Fl, 1 Ob, 1 Kl, 1 Fg, 1 Hr, Streicher)
Text: J. W. v. Goethe
Dauer: 3' 00" Manuskript
1. Suite (1939/1955)
Besetzung: für Klarinette und Klavier
Dauer: 10' 00" Manuskript
Choral I (1940)
Besetzung: für Sopran, Klavier oder Orgel
Dauer: 3' 00" Manuskript
Choral "Ach komm füll' unsere Seelen ganz" (1943)
Besetzung: für gemischten Chor
Dauer: 3' 00" Manuskript
Lamentatiun dal pulin, dall'ochetta e dal pulaster (1943-1944)
Canzun populara in romanischer Sprache
Besetzung: für mittlere/hohe Stimme
Dauer: 3' 00" Manuskript
2 Bündner Scherzlieder (1944)
Besetzung: für hohe Stimme und Klavier
I Es wird si ätte muusä (1'45'')
II Das "Langwieser Lied" (3'20'')
Dauer: 4' 30" Manuskript
Wanderers Nachtlied (1948)
Besetzung: für Männerchor und grosses Orchester
Text: J. W. v. Goethe
Dauer: 3' 30" Manuskript
Et incarnatus est (1950)
Besetzung: für Sopran, Flöte, Oboe und Streichquintett
Streicher auch mehrfach zu besetzen.
Dauer: 6' 00" Manuskript
Grosse Messe (1950/1970)
Besetzung: für gem. Chor, Soli und Orgel
Dauer: 38' 00" Manuskript
"Dr Joggeli sött go Birli schüttle" (1951)
Kammerballett
Besetzung: für 8 Tänzer, 2 Klaviere und Schlagzeug
Nach einer Bilderfolge von Lisa Wenger.
Dauer: 20' 00" Manuskript
Introduzione e Passacaglia aus dem Ballett "Der Joggeli sött go Birli schüttle" (1951/1986)
Bearbeitung
Besetzung: für 2 Klaviere
Manuskript
Introduzione e Passacaglia (1951/1986)
Aus dem Ballett "Der Joggeli sött go Birli schüttle"
Besetzung: für 2 Klaviere
Manuskript
Ricercare (1946-1952)
Besetzung: für Orchester
Dauer: 4' 30" Manuskript
"Medea" (1941-1952)
Oper in 3 Akten
Frei nach Dichtungen von Franz Grillparzer, Euripides, Apollonius Rhodins und Jean Anouilh.
Personen:
Kreon, König von Korinth Bass
Kreusa, seine Tochter Sopran
Jason Tenor
Aigeus, König von Athen Bariton
Medea Mezzosopran
Gora, Medeas Amme Sopran
Ein Chorführer, ein Sklave
2 Knaben, Kinder Jasons und Medeas
Gefolge des Herold
Die Mysthen
Orchesterbesetzung:
3 gr. Fl. (3 auch kleine), 3 Ob. (3 auch Englischhorn), 3 Kl.(3 auch Basskl., Altsaxophon, Tenorsaxophon), 3 Fg. (3 auch Kontrafg.), 4 Hr., 3 Pos., 1 Tuba, Pauke, Schlagzeug, Klavier (Celesta), 1 Harfe, Xylophon, Glocken, Streicher
Dauer: 2h 30' 00" Manuskript
"Medea" - 2. Fassung (1941-1952/2005)
Frei nach Dichtungen von Franz Grillparzer, Euripides, Apollonius Rhodius, Jean Anouilh und Robinson Jeffers.
Konzertante und gekürzte Fassung, 2005, für 4 Solisten, Sprecher und Klavier.
Bearbeitung: Ute Stoecklin und Peter Niklaus Sterner.
Dauer: 50' 00" Manuskript
Triptychon (1952)
Besetzung: für Sopran und Orgel
1. Praeludium
2. "Wanderers Nachtlied" (J. W. v. Goethe)
3. Postludium
Dauer: 7' 30" Manuskript
Ögls e stailas (1953)
Besetzung: für Männerchor
Text: Men Rauch
Dauer: 2' 00" Manuskript
Zuspruch (1953)
Besetzung: für gemischten Chor
Text: N. Währing
Dauer: 3' 00" Manuskript
2 Chorsätze für Frauenstimmen (1954)
Besetzung: für Frauenchor
Zwischen Berg und tiefem Tal
Ach Mutter, gib mir keinen Mann
I Wess' Leben so sich endet (Wolfram von Eschenbach), 1933/70 (1'20'')
II Deutsche Spielmannsweise I (Walther von der Vogelweide, Chançona tedesca aus einer toskanischen Handschrift, 14. Jahrhundert), 1934 (50''): "Ir sult sprechen willekomen"
III Deutsche Spielmannsweise II (Neidhart von Reuental), 1995 (1'): "Mayenzeit one neidt"
IV Minnelied (Dichter unbekannt), 1933/70 (1'20''): "Nachtigall sing"
Dauer: 4' 30" Manuskript
Bagatelle (1993-1995)
Besetzung: für Horn und Klavier
Dauer: 2' 00" Manuskript
Consolazione (1995)
Besetzung: für Klarinette und Orgel
Manuskript
Clownesque (1995)
Eine Pantomime
Besetzung: für einen Tänzer und Klavier
Manuskript
Ausgewählte Lieder für mittlere oder hohe Stimme und Klavier (Heft 1: Lieder für mittlere Stimme) (1931-1996)
1. Vorfrühling (Max Dauthendey) 1934 (2'23'')
2. Herbsttag (R. M. Rilke) 1934 (1'57'')
3. Ernste Stunde (R. M. Rilke) 1935 (1'46'')
4. Der Tod (M. Claudius) 1956/76 (1'22'')
5. Dumonda (G. Caduff) 1931 (2'17'')
6. Pos o matg (G. Caduff) 1962 (3'27')
Ausgewählte Lieder für mittlere oder hohe Stimme und Klavier (Heft 2: Lieder für mittlere Stimme) (1931-1996)
1. Morgentau (K. Stamm) 1934 (2'02'')
2. Die müden Sterne (K. Stamm) 1934 (2')
3. Südliches Glockenspiel (K. Stamm) 1934 (2'24'')
4. Abgrund (N. Währing) 1934/39 (1'34'')
5. Denn: Aller Anfang ist schwer (W. Mehring) 1980 (2'48'')
6. In der Hängematte (R. Münch) 1990 (2'17'')
Ausgewählte Lieder für mittlere oder hohe Stimme und Klavier (Heft 3: Lieder für mittlere/hohe Stimme) (1931-1996)
1. Hochzeitslied (aus dem Jugoslawischen), 1933 (1'40'')
2. Vor der Ernte (M. Greif), 1936 (1')
3. Kyrie (M. Schmid), 1938 (2')
4. Als er seiner Magdalis nichts zum grünen Donnerstag schenken konnte (Joh. Chr. Günther, 1695-1723), 1933 (2')
3 Kadenzen zu Carl Stamitz: Konzert für Flöte und Orchester G-Dur op. 29, 2001
3 Kadenzen zu W.A. Mozart: Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 313 (285c)