Hörtheater in acht SzenenBesetzung: für großes Ensemble, acht Stimmen (SSAATTBB) und Schauspielerin
Text: Ovid, Arthur Schnitzler
Ensemble: 2 (1. auch BFl, KbFl, Picc, 2. auch Picc), 1,2 (auch BKlar), TSax, 1 (auch Kfag) - 0,2,2,0 - Schlg (2) - Klav, Akk - Str (2 V, 2 Va, 2 Vc, KB
Die 3. Szene ist konzertant aufführbar.
Eine junge Frau im Spiegel "Bin ich wirklich so schön? – Bin ich das, die da redet?" Sie erfährt sich selbst über die Projektionen der Gesellschaft um sie herum, reflektiert sich im Bild der anderen. Ihre Nacktheit zeigt sie ungeschützt, schutzlos, als Gegenstand der Begierde. Ein zwanghafter Blick von außen: sie hat sich selbst noch nicht gefunden und ist sich schon fremd. Fräulein Else wird in Schnitzlers Novelle in die feine Welt eines glänzenden Hotels in den italienischen Dolomiten geschickt. Sie hat ein verzweifelt nüchternes Gespür dafür, welchen Weg ihr diese Gesellschaft vorzeichnet, in der Frauen an das Perlenhalsband gelegt werden: "Wenn ich einmal heirate, werde ich es wahrscheinlich billiger tun" – die Ehe ist nur eine andere Form von Prostitution. Flehentliche Briefe der Mutter bedrängen sie: Else soll Geld auftreiben für den verschuldeten Vater, erst dreißig-, dann fünfzigtausend Gulden. Der Gönner verlangt einen Preis, der sie in die Selbstzerstörung treibt, ein weiteres "Opfer auf dem Altar einer Welt der totalen Verdinglichung" (Furrer).
Ein atemloser Monolog, ausgestoßen in größter Bedrängnis: "Ich will fort"... Existenzielle Bedrohung ist die Ausgangssituation von Beat Furrers "Fama" – ein Vulkanausbruch, geschildert von dem römischen Dichter Lukrez – pure Zuständlichkeit, die überwältigt, bedrängt und nur noch die Flucht zulässt. "Ich höre das Schreien, das Feuer, den Atem...": ein Massiv gleißender Klanglichkeit.
Komplementär dazu die Vision eines fernen, stillen Gartens, " wo nichts als träumende Bäume wären, alle vereint in einem gemeinsamen Gedanken ..." (Carlo Emilio Gadda). Beat Furrer stellt diese Utopie in die Mitte der acht Szenen: die Sehnsucht wird im Echo eines fernen, seufzenden Pulsieren zum Klingen gebracht.
Als fernes Raunen, Tönen, Klingen resoniert im Haus der Fama jegliches Erdengeräusch und Menschengeschick. Fama, die mythische Figur, hat ein Haus gebaut "ganz aus tönendem Erz, überall hallt es, wirft die Klänge zurück und wiederholt, was es hört", wie Ovid "mit überwältigender Sinnlichkeit" (Beat Furrer) beschreibt. Das rastlose Selbstgespräch der Else ist so ein Menschenschicksal, das widerhallt – als Schrei, als verzweifeltes Geflüster, als atemloses Gestammel. Zwischen der Entrückung im Traum und bedrängter Gegenwärtigkeit oszilliert diese Figur, die nur Gedanke, Sprache ist. "Wie merkwürdig meine Stimme klingt" - der Stimme und ihren wechselnden Klanglichkeiten wird im Verlauf des Stücks immer näher gerückt, bis hin zur Großaufnahme und der klanglichen Vereinigung mit dem Instrumentalklang – und schließlich dem Verlust der Stimme: "Fama" mündet in ein instrumentales Nachbeben, das der Katastrophe folgt.
Dauer: 50' 00"
Bärenreiter Verlag Basel/Kassel