Martin Schlumpf wurde in Aarau geboren. Dort besuchte er die Schulen bis zur Matura 1966.
Während dieser Zeit wirkte er in verschiedenen Jazzformationen als Kontrabassist und gelegentlich auch als Saxophonist mit. Im klassischen Bereich erhielt er während acht Jahren Cellounterricht und in unregelmässigen Abständen übte er auch das Klavierspiel.
Nach einem zentralen Hörerlebnis durch Musik Anton Weberns begann der junge Musiker 1964 mit ersten Kompositionsversuchen.
1968 begann er sein Musikstudium in Zürich. Dabei belegte er folgende Hauptfächer
- Klarinette (Hansjürg Lethold)
- Klavier (Warren Thew und Evelyne Dubourg)
- Dirigieren (Ferdinand Leitner)
- Theorie und Komposition (Rudolf Kelterborn)
1971 erhielt er das Klavierlehrdiplom bei Warren Thew, 1972 schloss er seine Studien bei Rudolf Kelterborn mit dem Theoriehauptfachdiplom ab.
Weitere Studien in Komposition führten ihn 1974 zu Boris Blacher in Berlin.
Martin Schlumpf wurde 1975 Klavierlehrer am Seminar Küsnacht ZH und Musiklehrer am Gymnasium Freudenberg Zürich. Seit 1977 ist er Professor für Musiktheorie an der Hochschule Musik und Theater Zürich, ab 1991 unterrichtet er auch noch das Fach Gruppenimprovisation.
Bis 1980 war Martin Schlumpf vor allem als Komponist im E-Musik-Bereich tätig und gewann dabei auch diverse Preise bei Kompositionswettbewerben, u.a. 1. Preise in den Wettbewerben der Stadt Zürich von 1972 und 1979, sowie im Tonhalle-Wettbewerb 1975.
Ab 1980 besann er sich auf die improvisierte Musik zurück und spielte in verschiedenen eigenen Gruppen: zuerst als Kontrabassist zusammen mit Urs Blöchlinger im "Trio 80", dann ab 1982 als Saxophonist und Bassklarinettist im zwölfköpfigen Orchester "Swiss Fusion 84", dem Sextett "Die Vögel" und vor allem im "Bermuda Viereck".
Martin Schlumpf wirkte auch bei mehreren anderen Projekten mit, so beteiligte er sich beispielsweise
- beim Filmmusic Project von Christoph Baumann
- im "Duck Dich"-Cabaret mit Martin Hamburger
- im John Tchicai-Orchestra
- in der Big Band "Notspielplatz Zürich"
- beim internationalen Orchester "Cadavre exquis" von Urs Blöchlinger
- bei den Theaterprojekten "Krötenaquarium" und "Attinghausen".
Seit 1987 ist er als Sopransaxophonist zudem Mitglied des Aargauer Saxophon Quartetts.
Seit Ende der 80er Jahre übt Martin Schlumpf vielfältige Tätigkeiten im Schnittfeld zwischen Improvisation und Komposition aus. Zunehmendes Gewicht legt er dabei auf die Arbeit als Komponist in einem veränderten, quasi "postmodernen" Stil, in dem Werke wie der Zyklus "Vier Jahreszeiten", das Klavierkonzert "Mouvements", "Klarinettentrio", "Rattaplasma 2" oder das Cellokonzert "Waves" entstanden sind.
Seit 1999 zieht Martin Schlumpf vermehrt auch den Computer in die Kompositionsarbeit ein. Ziel ist es, eine vergrösserte Klangpalette und komplexe polymetrische Strukturen zu erzielen.
1999 erhielt er einen Forschungsauftrag der Hochschule Musik und Theater Zürich zur Computer-Klangbearbeitung einzelner "Studies for Player Piano" von Conlon Nancarrow.
Martin Schlumpf lebt mit seiner Frau in Würenlingen.
Werkliste
3 Lieder (Paul Celan) (1971)
Besetzung: für Sopran und Kammerensemble
Manuskript
Evokationen (1972)
Besetzung: für 6 Blechbläser, Klavier und Schlagzeug
Dauer: 12' 00" Manuskript
Trio (1972-1973)
Besetzung: für Flöte, Bratsche und Harfe
Dauer: 15' 00" Manuskript
5 Stücke für grosses Orchester (1973)
Besetzung: (4,3,4,3 (alle auch Variantinstrumente)- 4,3,3,1- Hf,Klav,Pk,Schlgz(4)- grosse Streicherbesetzung)
Dauer: 15' 00"
Edition Kunzelmann
Grütstr. 28 CH-8134 Adliswil
Fragment (1974-1975)
Besetzung: für Solo-Violine und Kammerorchester (2,1,2,1 (z.T. Variantinstrumente) - 2,1,1,1 - Hfe, Cel, Cemb, Schlgz(6) - 3,3,3,2)
Dauer: 14' 00" Manuskript
Streichquartett (1975)
Stark assoziatives einsätziges Werk.
Dauer: 26' 00"
Hug & Co. Musikverlage
Limmatquai 28-30 CH-8001 Zürich
Les extrèmes se touchent (1975)
Besetzung: für Violoncello und Klavier
Technisch schwieriges Stück; eine Folge von Charakterstücken.
- Passagen - Freischütz - Ouverture - Interruptus - From Eriboll to Kirkiboll - "Rattaplasma - der sebische Olymp - Kokoskotten"
Dauer: var. Manuskript
Onyx (1985)
Besetzung: für A-Saxophon und Violoncello
4-sätziges Stück mit z.T. jazzmässigen Elementen (Phrasierung, Rhythmik).
Dauer: 12' 00"
Hug & Co. Musikverlage
Limmatquai 28-30 CH-8001 Zürich
7 Kompositionen für das eigene BERMUDA VIERECK (1985)
Besetzung: für Quartett
- Ein gelber Spazierstock rutscht mir quer durchs Haupt - Noblesse galvanisée - HardauSuite (59/2 Süd) - Die Ballade vom Elephanten und dem Moskito (in memoriam Timo Fleig) - Umdumm - 29/16: Die Wolkenpumpe - Bimmelresonanz II
9 Kompositionen für das eigene BERMUDA VIERECK (1990)
Besetzung: für Quartett
- Bluse für C. - Quick Zappa inglese - The Harder the Better - Round about - 17 dh 38 jnn - S hätt nöd sölle si - Clair de Prune - A Simple Melody - Messiaen lässt grüssen
Dauer: var. Manuskript
Winterkreis (1991)
Besetzung: für Saxophon-Quartett (S, A, T, Bar)
Geschichte eines tonalen Grundmotivs in unregelmässiger Metrik, das in verschiedenen Überlagerungszuständen auftritt, unterbrochen von Einwürfen "wilder Vögel" bis zum imaginären Radio, das collagemässig auftaucht. Z.T. ungewohnte Aufgaben des Zusammenspiels; keine virtuosen Stimmen.
Nach einem von einem Holzobjekt von A. Athanassoglou abgeleiteten Zeit/Inhaltsplan: Auf einem einfachen tonalen Grundmotiv beruhender doppelter Entwicklungsbogen, mit Einfluss der minimal music im 1. Teil und einem harmonisch bewegten, klanglich viel dramatischeren 2. Teil.
Besetzung: für kleine Improvisationsgruppe (Fl, Sax, Tr, Schlgz)
Dauer: 7' 00" Manuskript
December rains (1993)
Besetzung: für Klavier solo
Extravertiertes, stark rhythmisch geprägtes Klavierstück mit z.T. ungeraden Metren und einem virtuosen Unisono-Teil; mit "December Song" als balladenhaft-leisem Ausklang.
Dauer: 6' 00"
Edition Kunzelmann
Grütstr. 28 CH-8134 Adliswil
... wie die Zeit vergeht ... (1993)
8 rationale Zeitsprünge am Punkt 662/264
Besetzung: für Klavier und Schlagzeug-Quartett
2 Marimbas, Vibra, Crotales, 6 Cowbells, 5 Toms, 3 Logdrums, 4 Kürbisse, 2 Bass-Saiten, 5 Röhrenglocken, grosses Drum-Set (mit 5 Toms), 8 Gongs, div. Becken, 4 Peitschen, 2 Metall-Sets, Tambourin, Tamtam, u.a.Für Schlagzeuger, die sich auch in "groovigem" Umfeld wohl fühlen. Oft pulsierende Rhythmik mit überlagerten Ostinato-Figuren unterschiedlicher Länge; schwieriger Part für 1. Marimba. Der Solopianist fungiert v.a. als Improvisator.